„Wenn Hass zur Liebe wird“

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Jasmin,15 Jahre, aus Pertisau, Österreich

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Es war einmal vor langer Zeit ein Prinz, der so gar nicht war, wie man sich einen Prinzen vorstellen würde. Er hatte weder Manieren, noch konnte er reiten oder war sehr gebildet. Das Einzige, was er im Kopf hatte, waren Feste, an denen oft zu viel getrunken wurde, seine Freunde und der Traum, einmal König zu werden. Leider war sein Vater, der jetzige König, überhaupt nicht von seinem Verhalten begeistert und entschloss sich, jemand anderem die Königskrone zu überreichen. Er wusste natürlich, dass er seinem Sohn den Platz nicht einfach verweigern konnte und so entschied er sich, ein Reitturnier zu veranstalten, da sein Sohn – für einen Prinzen ebenfalls untypisch – mit Pferden nicht viel anfangen konnte. Der Gewinner oder die Gewinnerin sollte seinen Platz einnehmen. Der Prinz realisierte allmählich den Ernst der Lage und Bedenken machten sich in ihm breit, da er wusste, dass sein sorgloses Leben im Schloss auf dem Spiel stand. So entschied er sich, allen Teilnehmern Steine in den Weg zu legen: Dem einen zerschnitt er den Sattel und das Zaumzeug, einem anderen Bewerber gab er Juckpulver in die Kleidung, sodass dieser am ganzen Körper einen Ausschlag bekam. Auf diese Weise warf er fast alle Teilnehmer aus dem Wettbewerb, noch bevor dieser begonnen hatte. Nur bei einem Mädchen namens Maribelle hatte er damit kein Glück. Maribelle gehörte der Mittelschicht an und war dafür bekannt, die beste Reiterin im Lande zu sein. Ihr Vater arbeitete im schlosseigenen Pferdestall und da Maribelle oft mithalf, bekam sie kostenlose Unterrichtsstunden und sogar ein eigenes Pferd. Ihr Vater war so überzeugt von ihrem Können, dass er sie ungefragt zum Turnier angemeldet hatte. Das Mädchen jedoch wollte überhaupt nicht Königin werden, sondern sein ruhiges, normales Leben weiterführen. Doch diese Chance auszuschlagen, wagte es nicht. Als der Prinz heimlich versuchte, Maribelles Pferd aus dem Stall in den Wald zu scheuchen, hatte er vergessen, wie groß und muskulös das Vollblut war. Da er höllische Angst vor Pferden hatte, dieses jedoch sehr neugierig war und ihn beschnuppern wollte, stand der ,,zukünftige“ König nun in der Ecke der Box, die Hände in der Luft und gab einen hohen, lauten Schrei von sich. Natürlich dauerte es nicht lange und Maribelle stand im Stall. Sie hatte Mühe, ihr Gelächter zu unterdrücken, als sie der Prinz bat, das ,,blöde Vieh“ endlich von ihm wegzuführen. Der Anblick war einfach zu schön, um wahr zu sein. Als das Mädchen den jungen Prinzen aus seiner misslichen Situation befreit hatte, fragte es ihn, was er denn hier tun würde. Er beichtete seinen Plan und bat das erzürnte Mädchen um Entschuldigung. Nachdem sich Maribelle versichert hatte, dass es ihrem Pferd gut ging, konnte sie sich wieder entspannen. In einem langen Gespräch fanden die beiden heraus, dass der Prinz unbedingt König werden wollte, aber nicht reiten konnte und dass Maribelle keine Königin werden wollte, aber die beste Reiterin war. Plötzlich hatten sie eine Idee: Maribelle sollte ihm helfen, das Turnier zu gewinnen und er würde ihr und ihrer Familie jeden Monat so viel Geld und Essen geben, dass es ihr zukünftig an nichts fehlen würde. Das Mädchen willigte ein und nun begann ein wochenlanges, hartes Training. Maribelle zeigte dem Prinzen alles, was sie selbst in den letzten Jahren gelernt hatte. Keine einfache Aufgabe für beide, aber sie schafften es. Doch dann geschah etwas, womit niemand gerechnet hatte: Die zwei verliebten sich von Tag zu Tag mehr ineinander und in den letzten Trainingseinheiten hatte der Prinz Mühe, sich auf das Reiten zu konzentrieren, wenn seine hübsche Trainerin am Zaun lehnte und ihm Anweisungen und Tipps gab. Am Tag des Turniers traute der König seinen Augen nicht, als der einst so untalentierte Prinz mit Todesangst vor Pferden nun liebevoll, aber doch ehrgeizig den Wettbewerb bestritt und das Turnier mit einem Lachen und Funkeln in den Augen gewann. Das harte Training hatte sich ausgezahlt. Sein Vater konnte nicht anders, als ihm die Königswürde zuzusprechen. Doch diesmal tat er es gern. Als Maribelle schüchtern vor den Prinzen trat, um ihm zu gratulieren, sah dieser seinen Vater fragend an. Der verstand wortlos und nickte. So stieg der Prinz den kleinen Thron zu seinem Vater hinauf, ließ sich den Lorbeerkranz um den Hals legen, drehte sich zum Volk und zu Maribelle um und fragte diese mit lauter Stimme: „Ich weiß, du wolltest nie Königin werden, aber würdest du mir die Ehre geben und neben mir den Platz als Königin einnehmen? Du kannst mir helfen, dieses wunderschöne Land zu regieren und seine Bewohner zu beschützen.“ Maribelle zögerte nur kurz. Dann sprang sie unter tosendem Beifall des Volkes die Treppen zum Thron hinauf, fiel ihrem Prinzen um den Hals und sagte laut und deutlich: „Ja, zusammen werden wir es schaffen!“ Nur wenige Tage später fand im wunderschönen, lichtdurchfluteten Ballsaal des Schlosses die Traumhochzeit des Jahrzehnts statt. Maribelle und der Prinz wurden ein beliebtes Königspaar und veranstalteten jedes Jahr an ihrem Hochzeitstag ein Reitturnier für alle.