„Herr der Kräfte“

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Josephine und Viktoria, 11 Jahre, Schwechat, Österreich

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Vor vielen Jahren, als die Einhörner regierten und das Böse mächtiger war als das Gute, lebte ein Mädchen, das alles veränderte….

Ich sprintete über den Boden des dunklen Waldes. Ich flitzte zwischen den Bäumen hin und her. Ich spürte die Wut in mir aufsteigen. Warum? Niemand hatte mir etwas getan? Plötzlich spürte ich den sanften Wind, der mir durch die Haare fuhr. Ich sah das Meer. Den Strand. Die Klippen. Es war schön wieder zuhause zu sein. Gestern war ich noch auf der Nachbarinsel Atlant gewesen. Meine Eltern meinten es sei dort schöner ich fand das eine schreckliche Idee. Ich kletterte die Klippen hinunter. Als ich an der Küste ankam roch ich den salzigen Duft. Irgendwas war anders. Ich dachte es wäre unwichtig. Irgendetwas stimmte hier nicht. Ich sah ein Schiff, ein riesiges Schlachtschiff. Ich rannte zu meinen Eltern und rief: „Mama, Papa ein Schlachtschiff…“, ich schnappte nach Luft, „… fährt direkt auf uns zu!“ „Ich habe es geahnt“, flüsterte meine Mutter. Das alles war ziemlich unheimlich. Dann rannte ich zurück zur Küste. Ich ging entschlossen dem Monsterschiff entgegen. Das Schiff rückte immer näher. Normalerweise würde ich wahrscheinlich etwas komplett anderes tun, aber heute lag irgendetwas komisches in der Luft. Als das Schiff an der Küste ankam machte ich, rein aus Reflex, eine Handbewegung,  die meine Augen vor dem Salzwasser schützen sollte. Irgendetwas schleuderte mich zurück. Ich musste ungefähr drei Meter zurück geflogen sein. Meine Fußabdrücke waren nämlich noch zu sehen. Als ich nach meinen Händen sah um sicher zu gehen, dass mit ihnen alles in Ordnung war, sah ich, dass sich darum eine Wasserschicht gebildet hatte. Ich versuchte sie mehrmals abzuschütteln, vergeblich. Ich blickte auf: Ein großer Mann stand nun vor mir. Es war nicht gerade leicht, den Mann bei Mondlicht zu erkennen. Es war schon dunkel geworden. „Wer bist du, und was machst du auf meiner Insel!“ „Sie meinen wohl eher meine Insel!“, pfauchte ich den Mann an. Er ging einfach an mir vorbei. Ich sprang auf und rannte nach Hause, vorbei an dem Typ der behauptete, dass ihm diese Insel ihm gehöre. Als ich in meinem Licht durchflutetem Zimmer aufwachte war alles ganz normal außer dass Dads Schnarchen aufgehört hatte. Ich ging nach unten. Als ich nach Mam und Dad rief gab mir niemand eine Antwort. Ich rannte nach draußen. Auch hier war niemand. Ich rannte zum Strand. Das Schiff war nicht mehr da. Ich fiel auf die Knie. Hätte ich gewusst, dass er meine Eltern mitnehmen wollte, wäre das alles nie passiert. Aber ich wollte mich damit nicht beschäftigen. Ich versuchte herauszufinden, was das gestern war. Dieser Mann, wahrscheinlich der Kapitän des Schlachtschiffs, musste meine Eltern mitgenommen haben. Was sollte ich jetzt tun? Ratlos ging ich zurück zum Haus. Plötzlich spürte ich, wie meine Hände immer angespannter wurden. Im Augenwinkel sah ich, dass meine Hände in Flammen standen. Ich rannte zum Brunnen in unserem Garten und tauchte die brennenden Finger hinein. Zischend ging das Feuer aus. Erst jetzt bemerkte ich, dass ich keine Schmerzen fühlte. Ich sah auch keine Verbrennungen. Ich rannte schnell ins Haus. Dabei wurde mir klar, dass meine Eltern wirklich entführt worden waren. Ich musste sie irgendwie befreien. Hektisch suchte ich ein paar Sachen zusammen, die ich auf meiner Reise gebrauchen konnte. In meinen Rucksack packte ich einen Dolch, den ich von meinem Vater geschenkt bekommen hatte. Dann noch Messer zum Brotschneiden und einen Ring. Das war mein Glücksbringer – schließlich gehörte er einmal meiner Oma. Ein paar Hosen, T-Shirts und solche Sachen stopfte ich ebenso in den Rucksack. Die Stirnlampe war auch ziemlich praktisch. Ich machte unser kleines Segelboot startklar – gottseidank hatte Papa mir das Segeln ordentlich beigebracht. Es konnte losgehen. Eine leichte Brise wehte mir um die Nase. Plötzlich schaltete sich mein Gehirn ein: „Folge deiner Nase. Der Wind wird dir den Weg weisen!“. „Okay, versuchen wir`s halt“. Und tatsächlich: Ich konnte genau die richtige Himmelsrichtung riechen! Verrückt! Nach drei Stunden Fahrt konnte ich in der endlosen Weite des Meers drei größer werdende Lichter erkennen: Die Kajütenfenster des schwarze Schiffs. Aber es war noch weit entfernt. Plötzlich ging mir ein Licht auf: Zuerst das Wasser an meinen Händen, dann das Feuer. Jetzt diese komische Geschichte mit dem Wind, der mir den Weg zeigte. Irgendwie musste alles zusammen hängen. Die VIER ELEMENTE!!! Aber eins fehlte noch. Wasser hatte ich, Luft und Feuer auch…klar, Erde fehlte. Aus der Ferne hörte ich auf einmal Stimmen: „Macht die Geschütze bereit, das ist sie!“ Ich hörte einen lauten Knall. Instinktiv lenkte ich das Boot nach steuerbord. Der Schuss war danebengegangen. Am Heck des Schlachtschiffs konnte ich das Boot festmachen. Ich kletterte vorsichtig an den glitschigen Tauen an Deck. Gerade noch rechtzeitig. Der Mann von der Insel wollte gerade das Seil durchschneiden. Jetzt stand er im Eingang der Kajüte und grinste. Im Licht der Stirnlampe konnte ich seine schwarzen Zahnstummel sehen. Echt gruselig, sag ich euch! Dann traf der Schein der Lampe auf etwas über ihm, am Dach der Kajüte: Ein großer Blumentopf. Natürlich, jetzt war es mir klar: Blumentopf…Erde…perfekt. Das vierte Element. Ich strengte mich, konzentrierte mich: Ja, es funktionierte. Langsam wanderte der schwere Topf Richtung Kante. Jetzt bloß nicht die Aufmerksamkeit verlieren. In der Zwischenzeit hatte der Mann einen riesigen Säbel hervorgeholt. Er versuchte mir, Angst einzuflößen. Das gelang ihm nicht mehr. Wie in Zeitlupe sah ich, wie der Topf kippte und dem Mann auf den Kopf knallte. Er lag reglos am Boden, wahrscheinlich ohnmächtig. Jetzt hatte ich Zeit, meine Eltern zu suchen. Ich rannte in die Kajüte. Die war leer. Aber eine kleine Tür führte in einen winzigen Nebenraum. Am Ende der Kammer war eine Bank – darauf saß mein Vater. Der Mund war mit Panzertape verklebt, seine Hände am Rücken gefesselt. Jetzt schnell den Dolch aus dem Rucksack und Papa befreien. Mein Vater schrie auf, als ich das Panzertape entfernte. „Da hinten ist Mama, mach schnell, ich glaub, die kriegt keine Luft mehr“. Im nächsten Raum fand ich Mama. Schnell hatte ich sie befreit. Sie lebte und es ging ihr gut.

Der Wind wehte sanft durch die roten, glatten, langen Haare des Mädchens. In hellem Sonnenlicht erstrahlte das Grün der Insel. Es roch nach frischer Erde. Leise hörte das Mädchen die Brandung am Strand plätschern. Das Mädchen wandte sich um und ging wieder ins Haus. Drinnen knisterte ein gemütliches Feuer im Kamin. Es gibt noch weitere Menschen, die die vier Elemente beherrschen…vielleicht bist du ja einer davon?