„Die indischen Mädchen“

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Björna, 11 Jahre, Schwerin

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Es waren einmal zwei Mädchen, die zur Abendstunde in Kalkutta geboren wurden. Kalkutta ist eine arme Stadt in Indien. Die Menschen, die dort wohnen, leben zumeist in kümmerlichen Verhältnissen.

So auch die Eltern der beiden Mädchen. Sie waren so arm, dass sie eigentlich keine weiteren Kinder mehr bekommen sollten. Erschwerend kam noch hinzu, dass Mädchen in Indien nicht gewollt sind. Die Eltern müssen bei einer späteren Heirat eine sehr hohe Mitgift dem zukünftigen Ehemann mitgeben. Die Eltern waren sehr verzweifelt und wussten nicht, was sie nun tun sollten.

Da sagte der Mann und Vater der beiden Mädchen: „Frau, wir müssen die Kinder aussetzen.“

Daraufhin war die Mutter der Kinder maßlos enttäuscht von ihrem Mann und sagte erzürnt: „Nein, das können wir doch nicht tun, sieh sie dir unsere liebreizenden Mädchen an. Ihre Augen funkeln wie Edelsteine, ihre Haut schimmert im Mondlicht. Die beiden Schönheiten sind schon fast märchenhaft. Wir können sie doch nicht aussetzen, sie werden sterben, das ist Mord. “ Aber der Mann antwortete zornig:  Du machst das, was ich sage!“

Ohnmächtig vor Wut und Trauer machten sie sich auf den Weg zum Hugli, einem Mündungsarm des heiligen Ganges. Sie setzten die Mädchen am Fluss aus, in der Annahme, sie werden von der nächsten Welle mitgerissen und erleiden so den sicheren Tod. Voller Furcht drehten sich Mann und Frau um und traten den Heimweg an. Manchmal blickte die Mutter noch zurück, Tränen flossen ihr über die Wangen und sie betete insgeheim für die Mädchen, sie mögen nicht umkommen.

Was die Eltern der beiden Mädchen aber nicht ahnten, war, dass ein kleiner Knabe sie auf ihrem Weg verfolgt hatte. Dieser kleine Knabe war der Bruder der beiden Mädchen. Er hatte das Gespräch der Eltern belauscht und beschloss, seine Schwestern zu retten. Er wusste, dass in einer kleinen Hütte am Hugli eine alte Hexe wohnte, die vor langer Zeit aus der Gesellschaft verstoßen wurde, weil auch sie ihre Tochter damals im Fluss ertränkt hatte. Er ging zu der alten Hexe und sagte, da die Menschen in Indien sehr gläubig sind: „Hör mal, jetzt hast du die Gelegenheit, alles wieder gut zu machen, ziehe meine Schwestern groß und ich werde dir zu Reichtum und Anerkennung verhelfen.“

Die alte Hexe Amana wusste nicht, wie ihr geschah, aber die ewige Isolation und Missachtung machten ihr schon seit Jahren zu schaffen und daher willigte sie ein. Allerdings fragte sie sich, wie der kleine Knabe ihr damit zu Reichtum und Anerkennung verhelfen konnte und fragte: „Wie willst du das anstellen, mir Reichtum und Anerkennung zu verschaffen?“ „Warte mal ab“, sagte der Knabe.
Die alte Hexe verabschiedete den Kleinen. Der Knabe trat den Heimweg an und die Hexe Amana gab den beiden Mädchen die Namen Anjali und Shiva. Sie wuchsen wohlbehütet zu zauberhaften Mädchen heran. Der Bruder besuchte seine Schwestern regelmäßig.

So auch an einem wunderschönen Sommertag, die Sonne lachte und die beiden Mädchen tanzten liebreizend zum Gezwitscher eines Vogels.  Der Bruder bewunderte die beiden Mädchen und er fragte sie: „Wie geht es euch? Fühlt ihr euch wohl?“  Shiva antwortete: „Es geht uns sehr gut bei Amana und wie geht es dir, lieber Bruder?“  „Mir geht es auch gut, und heute überbringe ich euch gute Nachrichten, denn ich habe eine wundervolle Frau gefunden, ihr Vater gab ihr zur Mitgift ein traumhaftes Haus und wir alle können dort zusammenleben, bis auch ihr den richtigen Mann findet. Die beiden Schwestern waren sprachlos, sie freuten sich so sehr, dass ihre Herzen fast zersprangen, sie umarmten ihren Bruder und küssten ihn kräftig auf die Wange.

Der Bruder hatte auch an Amana gedacht und sagte: „Amana jetzt sollst aber auch du für deine Bemühungen belohnt werden, denn ich bin dir noch was schuldig. Hier ist dein Anteil, reicht dir das?“, fragte er?  Amana antwortete bescheiden: „Danke, aber behalt es für die Mädchen, sie sind mir so ans Herz gewachsen, ich möchte nur, dass Anjali und Shiva mich besuchen kommen.“ Die Schwestern sagten sofort: „Das machen wir sehr gerne, wir werden dich schrecklich vermissen. Danke für alles, liebe Amana.“

Zum Abschied gab Amana den beiden Mädchen einen Kuss und zeigte in die Richtung des Weges. Die Mädchen verstummten, denn plötzlich stand am Ende des Weges eine Kutsche mit zwei wunderschönen Pferden. Ohne zu zögern stiegen sie in die magische Kutsche ein und fuhren zu dem Haus des Bruders. Dies bedeutete für die Geschwister unvorstellbares Glück. Die drei hatten von nun an ein problemloses und erfülltes Leben. Fortan wohnten Sie glücklich und zufrieden zusammen und wenn Sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute…