„Der König, der lernte, die Menschen zu lieben“

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Mailin, 12 Jahre

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Es war einmal ein König, der hielt von Frau und Kind nicht viel. Das Einzige, was ihn interessierte, war sein Gold. Er hatte so viel davon, dass niemand es je geschafft hatte, es zu zählen. Eines Tages in einer späten Abendstunde klopfte es an dem vergoldeten Tor seines Schlosses. Der König öffnete das Tor und fragte unfreundlich, wer es wage, ihn zu stören. Eine junge, in Lumpen gekleidete Frau stand vor ihm. Mit zitternder Stimme sagte sie, sie habe kein Geld, nur eine Hand voll Linsen und ein Brot. Sie bot dem König einen Tausch an. Die Linsen und das Brot gegen ein Säckchen Gold. Der König lehnte lachend ab und schlug der Frau die Linsen aus der Hand. Die Frau bat ihn erneut und sagte zum König, dass er doch so viel Gold habe, dass ein Säckchen weniger nicht schlimm für ihn wäre. Wieder lehnte der König ab. Als er das Tor gerade schließen wollte, erschien ein helles Licht und die junge Frau verwandelte sich in eine alte Hexe in einem langen schwarzen Gewand. Die Hexe sprach, dass sie all das Gold des Königs in Essen verwandeln würde – die Goldteller in Brot und die Goldtaler in Linsen. Der König kniete vor der Hexe nieder und flehte sie an, dass sie ihm verzeihen möge. Die Hexe machte ihm ein Angebot. Wenn er sein Gold retten wollte, müsste er drei Tage hintereinander in jeweils unterschiedlichen Bauernfamilien in seinem Königreich verbringen. So sollte er sehen, dass man auch ohne viel Gold leben kann. Zwar fürchtete der König die Hexe, aber die Liebe zu seinem Gold war so groß, dass er ihr Angebot annahm.

Bereits am nächsten Morgen erschien die Hexe im Schlafgemach des Königs. Der König erschrak, als er sie sah. Doch die Hexe beruhigte ihn und sagte, sie sei nur hier, um ihm einen Ring zu überreichen. „So lange Du diesen Ring trägst, wird Dich niemand im Dorf als König, sondern als einen normalen Bauern ohne Geld ansehen“, erklärte sie. „Heute wirst Du zu einer Bauernwitwe gehen und ihr mit ihrem kranken Kind helfen“, hörte der König die Hexe noch sagen. Doch da stand er auch schon vor der Tür eines Bauernhauses. Er klopfte und sagte der Frau, die ihm öffnete, dass er ihr ein wenig bei der Pflege ihres kranken Kindes helfen wolle. Sie ließ ihn ein. Der König kümmerte sich den ganzen Tag gut um das Kind. Als er sich abends verabschiedete, lächelte es ihn liebevoll und dankbar an. Der König war gerührt. Noch nie hatte er ein so schönes Strahlen gesehen – nicht einmal bei seinem geliebten Gold. Dieses Strahlen hatte er noch den ganzen Abend im Kopf.

Am anderen Morgen kam die Hexe wieder zu ihm und zauberte ihn zu seiner neuen Familie, der er bei der Feldarbeit helfen sollte. Wieder klopfte er an die Tür und es kamen ihm direkt drei Kinder entgegen. Hinter ihnen waren ihre Eltern. „Ich möchte Euch heute auf dem Feld helfen“, sagte der König zu dem Vater der Kinder. Also brachen sie gemeinsam auf. Völlig erschöpft kamen sie am Abend wieder am Haus an. Der König sagte, dass er gehen müsse. Da hielt ihm die Frau ein halbes Brot hin und meinte: „Nehmt dieses Brot. Wir haben zwar kein Gold und auch nicht viel zu essen, weil der König uns alles nimmt, aber das sollt Ihr als Dank für Eure Hilfe haben.“ Der König war wiederum gerührt, dass diese Familie das wenige Essen mit ihm teilte. Ihm war nicht bewusst, dass sein Reichtum seine Untertanen arm machte.

Die Hexe schickte ihn am darauffolgenden Tag zu einem alten Mann, der ein gebrochenes Bein hatte. Der König sagte zu ihm: „Ich möchte Dir heute helfen. Sag mir, was ich machen soll, und ich tue es.“ „Ich brauche keine Hilfe! Jeden Tag gehe ich im Dorf herum und helfe anderen, die meine Hilfe mehr benötigen“, antwortete der alte Mann. Der König war überrascht. Er wusste nicht, dass es all seine Untertanen so schwer hatten. Auch diesmal half er dem alten Mann den ganzen Tag. Am Abend dachte der König lange darüber nach, dass er seinen Untertanen helfen sollte. So wurde der alte Mann zum Vorbild des Königs.

Als am nächsten Morgen die Hexe erschien, sagte sie: „Da du all meine Bedingungen erfüllt hast, werde ich Dein Gold verschonen. In Deinem Herzen sehe ich auch, dass Du gelernt hast, wofür Du Deinen Reichtum nutzen kannst.“ Schon in den ersten Tagen danach begann für die Dorfbewohner ein neues Leben. Der König hatte gelernt, dass die Liebe zum Gold nichts ist gegen die Liebe zu den Menschen.