„Alles Liebe oder was?“

Eingetragen bei: Wettbewerb: Alles Liebe oder was? | 0

Lea Eckert, 12 Jahre, aus Birstein

*****

Er hieß Merlin. Ihr Name war Lina. Kennengelernt haben sie sich vor fünf Jahren an der Uni in Gießen. In einer ultra langweiligen Vorlesung. Wie jeden Montag stand „Mathe“ auf dem Plan der Studenten. Lina schlenderte gelangweilt über den Hof des Campus, denn sie hatte keine Lust auf Professor Neunmalklug, der immer barfuß in seinen Vorlesungen erschien. Sie stellte sich mit dem Rücken an einen Baum, damit sie niemand sehen konnte. Von hier aus beobachtete sie einen jungen Mann, der auf der anderen Seite des Hofes auf und ab lief und aussah, als wüsste er nicht wohin. Er gefiel ihr auf den ersten Blick. Zielstrebig ging sie auf ihn zu und sprach ihn an: „Hey, du siehst aus als wüsstest du nicht wohin! Kann ich dir helfen?“ „Ja, könntest du! Wenn du mir jetzt noch gnädigerweise sagen würdest, wo die Vorlesung von Professor Neumalklug ist, wäre ich dir sehr dankbar!“, antwortete der junge Mann schnippisch. „Boah, was ein arroganter Typ,“ dachte Lina, „so süß und so hochnäsig.“ „Ja, kann ich dir sagen! Ich muss zufälligerweise auch in diese Vorlesung!“, schnippte Lina zurück. „Komm, gehen wir!“ Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Saal 113, um an Professor Neumalklugs Vorlesung teilzunehmen. Im Saal schauten sie sich nach freien Plätzen um, die montags reichlich vorhanden waren. Sie setzten sich beide in die Mitte des Saales und Lina beobachtete den jungen Mann, von dem sie noch immer nicht wusste, wie er heißt. „Hey, wie heißt du eigentlich?“, fragte sie. „Merlin Müller und ja ich bin neu hier in Gießen, in dieser Provinzstadt. Verwunderlich, dass es hier überhaupt eine Uni gibt. Da wo ich herkomme, da gab es eine Uni, die sich wirklich Uni nennen konnte. Aber das hier? Unmöglich! Blöd nur, dass meine Eltern dachten, sie müssten mal in eine ländlichere Gegend ziehen. Alles so was von prollig hier! Und dann dieser Prof! Barfuß!“, meckerte Merlin.„Und warum bist du dann nicht in deiner ach so tollen Uni geblieben?“, fragte Lina böse.   „Na, weil meine Eltern jetzt hier wohnen“, motzte Merlin noch immer. „Ach, ein Muttersöhnchen. Unfähig alleine zu bleiben, aber dann über alles meckern,“ nahm sich Lina ein Herz und sagte ihm, was sie von ihm hielt. Funkstille! Sie hatte Zorn und Wut stieg in ihr auf. Ohne ein weiteres Wort miteinander zu sprechen, beendeten sie die Vorlesung. Zusammen verließen sie den Saal und im Hof ging Lina gleich in eine andere Richtung. Sie wollte nichts mehr mit „Mamasöhnchen Merlin“ zu tun haben. Doch Merlin lief hinter ihr her. „Wie heißt du eigentlich?“, fragte er. „Wieso interessiert dich das? Es ist für dich doch sowieso alles doof hier!“, antwortete sie. „Lina, mein Name! Lina Berger! Hier aus der Provinzstadt Gießen!“„Tut mir leid, dass ich vorhin so blöd war. Du kannst ja nichts dafür,“ meinte Merlin. „Wollen wir noch einen Kaffee in der Mensa trinken?“, fragte er vorsichtig. Offensichtlich hatte er Angst davor, Lina könnte „nein“ sagen.„Gut! Können wir machen! Aber nicht in der Mensa. Ich kenne hier in der Nähe ein kleines Café. Dort ist es ganz gemütlich!“, erwiderte Lina. Sie verbrachten den ganzen Nachmittag im Café und sie redeten und redeten. Von diesem Moment an waren die beiden ein Paar. Sie verbrachten jede freie Minute miteinander, zogen zusammen und schworen sich ewige Liebe und Treue. Nach dem Studium wurde geheiratet und schon bald wurde Lina schwanger. Von diesem Moment an veränderte sich Merlin. Er war wieder der Merlin, wie sie ihn an der Uni kennengelernt hatte. Aufbrausend, zornig, immer unterwegs! Es schien, als käme er mit der Schwangerschaft nicht klar. Er hatte Angst davor, Vater zu werden. Angst, der Situation nicht gewachsen zu sein. Dazu kam noch, dass Lina viele Probleme in der Schwangerschaft hatte. Ihr war oft übel, sie musste oft liegen und konnte nicht mehr mit Merlin um die Häuser ziehen. Sie hatte zum ersten Mal in ihrer Beziehung Liebeskummer. Sie suchte die Fehler bei sich, denn von Merlin bekam sie keine Antworten auf ihre Fragen. Lina fühlte sich allein gelassen. Auch als ihre Tochter Lea geboren war, veränderte sich Merlins Verhalten in keiner Weise. Er machte sein Ding und sie war mit dem Baby immer alleine. Deshalb sagte sie sich: „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.“ Schweren Herzens packte sie ihre und die Sachen ihres gemeinsamen Kindes und zog aus. Lina konnte ihn nicht mehr ertragen. Sie dachte nur noch: „Alles Liebe oder was?“