„Von eingestürzten Mauern“

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Paul, 17 Jahre, aus Braunau am Inn, Österreich

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In einem fernen Land lebte einmal ein König, dem es in seinem Dasein nur um das Streben nach Reichtum und Macht ging. Aus diesem Grund führte er ständig Kriege, um sein Königreich zu vergrößern. Der König hatte ein hartes, grausames Herz, das kein Mitleid kannte, denn auch mit ihm selbst hatte es das Leben nicht gut gemeint: Er hatte seine Eltern verloren, als er noch ein kleiner Junge gewesen war, und seine Gemahlin, die Königin, hatte bei der Geburt der gemeinsamen Tochter ihr Leben lassen müssen. Auch Freundschaft kannte der König nicht. Niemand wollte mit ihm zu tun haben, wenn es sich denn vermeiden ließ. Die kleine Prinzessin allerdings liebte er über alles, denn sie war das einzige Warmherzige und Schöne, das ihm geblieben war.

Der gerade geführte Krieg entwickelte sich gut. Nach kurzer Zeit würde sein Widersacher, König Friedrich, besiegt sein, denn die eigenen Krieger waren wohl genährt und hatten eine gute Ausbildung erhalten. Eines Tages jedoch wurde die Königstochter schwer krank und ihr Vater ließ die besten Ärzte des Königreichs kommen, doch keiner von ihnen konnte sich die geheimnisvolle Krankheit, an der das Mädchen litt, erklären. Da hörte eine weithin bekannte Heilerin von der kranken Königstochter und eilte ins Schloss. Nachdem sie das Mädchen untersucht hatte, sprach die alte Frau besorgt zu Seiner Majestät, dass die Prinzessin nur mehr kurz zu leben habe, wenn sie nicht bald den Saft einer seltenen Pflanze namens Pfefferkraut zu trinken bekomme. Hastig wollte der König wissen, wo denn dieses seltene Kraut wachse. Da entgegnete die weise Heilerin, dieses Gewächs sei nur im Reintal zu finden, welches nicht weit entfernt vom Königreich liege, doch dieses Tal werde von König Friedrich beherrscht. Die weise alte Frau riet ihrem König mit dem Widersacher Frieden zu schließen, um in der nächsten Vollmondnacht, die unmittelbar bevorstand, das Kraut holen und den heilenden Saft für die Prinzessin brauen zu lassen.

Der König, gierig nach Macht, focht nun mit sich selbst den härtesten Kampf seines Lebens aus: Es standen Ruhm und noch größerer Reichtum gegen das Leben seiner Tochter. Und siehe da: Das Herz des Königs erweichte sich beim Anblick seiner dahinsiechenden Tochter und die Liebe trug den Sieg davon. Der König selbst machte sich sofort auf den Weg und bat König Friedrich um das Pfefferkraut aus dem Reintal. Der andere verhandelte geschickt und sagte ihm zu, seinem Wunsch zu entsprechen – unter der Bedingung, dass er den Krieg beende und mit ihm für immer Frieden schließe. So wurde der aufgesetzte Vertrag unterzeichnet. Einige Pfefferkrautpflanzen wurden ins Schloss gebracht. Ihr Vater höchstpersönlich gab der Königstochter von dem Saft zu trinken, und sie war geheilt, wie es die alte Heilerin vorausgesagt hatte.

Als seine geliebte Prinzessin wieder genesen war, gab der König ein großes Fest und König Friedrich wurde als Ehrengast geladen. Dieser war so gerührt und beeindruckt von der großen Vaterliebe, dass die beiden Könige sich schließlich Freunde wurden. Der einstmals so grausame König war derart glücklich darüber, dass sich all seine Begierde nach Macht in Sanftmut und Gerechtigkeit wandelte. Er lebte fortan glücklich mit seiner Tochter, mit einem neuen Freund und mit seinem Volk, über das er nunmehr wohlwollend und weise herrschte, bis ans Ende seiner Tage.