„Gute Freundschaft ist Gold wert… oder mehr?“

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Mario, 14 Jahre, aus Pfunds, Österreich

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Es war schon stockdunkel, als meine beste Freundin Pia und ich gestern zu später Abendstunde vom Jugendzentrum aufbrachen und uns auf den Heimweg machten. Wir hatten wieder mal viel Spaß zusammen gehabt und wie so oft die Zeit übersehen. Draußen regnete es. „So ein scheußliches Wetter“, sagte ich zu Pia und um schneller zu Hause zu sein, beschlossen wir gemeinsam eine Abkürzung zu nehmen. Wir verließen die beleuchtete Straße und bogen in eine dunkle Gasse ein. Kein Mensch war auf der Straße. Wir fanden es auf einmal beide ziemlich unheimlich und überlegten kurz, ob wir nicht doch lieber den normalen Weg gehen sollten, aber dazu hätten wir wieder ein Stück zurückgehen müssen. Also gingen wir weiter durch die Dunkelheit und versuchten uns gegenseitig abzulenken. Doch irgendetwas beunruhigte uns, aber das lag vielleicht nur an dieser ungewöhnlichen Stille und Dunkelheit. „Warte mal, hast du das gehört?“ flüsterte ich. „Ja, was war das?“ antwortete Pia. Wir blieben kurz stehen, hielten einen Augenblick den Atem an und lauschten in die Nacht: nichts. Außer dem Geräusch der Regentropfen auf den Dächern und auf der Straße, herrschte eine fast gespenstische Ruhe. Trotzdem hatten wir auf einmal das Gefühl, dass wir nicht alleine waren. Wir drehten uns kurz um, aber niemand war zu sehen. Automatisch wurden unsere Schritte schneller. Irgendwer oder irgendwas war da, das spürten wir. Da war es schon wieder! Genauso schnell, wie es verschwunden war, tauchte das Geräusch erneut aus der Stille auf. „Da ist es wieder“, flüsterte ich Pia zu. Diesmal hörte es sich wie ein Schnaufen oder Keuchen an. Als wir dann noch bemerkten, dass das Geräusch immer lauter wurde, fingen wir an schneller zu gehen. Bald rannten wir, doch wir spürten, wie der heiße Atem unseres Verfolgers mit jeder Sekunde näher kam. „Was sollen wir nur machen?“, hauchte Pia mir zu. Jetzt entdeckte ich zwischen zwei Häusern eine kleine Nische, in die ich Pia schnell hineinzog und die uns als Versteck diente. Ich drückte mich mit zitternden Knien an die kalte Hauswand und jetzt sah ich, dass auch Pia die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Hoffentlich würde uns unser lautes Schnaufen nicht verraten! Wir versuchten uns gegenseitig mit Blicken zu beruhigen und ich war heilfroh, dass ich Pia an meiner Seite hatte. Ich wollte nicht daran denken, wie es wäre hier allein stehen zu müssen. Wir warteten, was als Nächstes passieren würde. Doch außer dem Regen war nichts mehr zu hören. Wir verharrten noch ein paar Minuten, aber es war immer noch totenstill. Jetzt wagten wir uns aus unserem Versteck, tasteten uns an der Mauer entlang und schielten vorsichtig um das Hauseck auf die Gasse. Keine Menschenseele war zu sehen. Langsam zweifelten wir wirklich an unserem Verstand. Hatten wir uns das nur eingebildet? „Ist da jemand?“, rief ich mutig in die Dunkelheit, doch niemand antwortete. Aber wir waren nicht verrückt, denn im gleichen Augenblick, indem wir die Straße wieder betreten hatten, kehrte das grässliche Schnaufen zurück und es war diesmal lauter als zuvor. „Lauf“, rief Pia und wir begannen zu rennen, wie nie zuvor in unserem Leben. Mein Herz trommelte dabei wie verrückt und ich bekam fast keine Luft mehr und ich glaube, Pia ging es ähnlich. „Durchhalten!“, hauchte ich Pia außer Atem zu und versuchte uns so Mut zu machen. „Es ist nicht mehr weit, gleich sind wir zu Hause.“ Aber das Schnaufen hinter uns wurde immer lauter und lauter und drohte uns einzuholen. Jetzt wagte ich nicht mehr, mich umzudrehen, zu groß war meine Angst davor, zu sehen, wer uns an den Fersen klebte und auch Pia schaute weder links noch rechts. Nur noch um die letzte Kurve und dann waren wir so gut wie zuhause. Wir rannten über die Straßenkreuzung und ich versuchte, meinen Haustürschlüssel aus der Jackentasche zu ziehen, damit ich die gleich die Türe aufsperren konnte. „Mir ist der Schlüssel aus der Hand gefallen!“ Pia stoppte abrupt und warf einen Blick hinter uns. Als ich mich zu ihr umdrehte, traf mich vor Schreck fast der Schlag. Da war sie! Zum ersten Mal sahen wir die gruselige Gestalt, die uns laut schnaufend verfolgte! Sie war schon viel zu nahe, als dass wir genügend Zeit gehabt hätten, den Schlüssel aufzuheben. „Renn, Pia“, schrie ich und Sekunden später hatten wir auch schon das Haus erreicht, aber ohne Schlüssel konnten wir ja nicht hinein. Das Keuchen hinter uns kam näher und näher! „Was sollen wir nur machen?“, stammelte Pia atemlos. Plötzlich packte mich jemand von hinten an der Schulter und ein laut schnaufender Mann sagte zu mir: „Hallo, wartet doch mal. Habt ihr eben einen Schlüssel verloren?“ Ich zitterte am ganzen Körper und brachte im ersten Moment keine Silbe raus, als er mir meinen Schlüssel in die Hand drückte und auch Pia starrte den Mann mit angsterfüllten Augen an. Das musste er bemerkt haben, denn er fragte: „Oh Entschuldigung, habe ich euch erschreckt?“ „Ja, allerdings“, stotterten wir fast gleichzeitig. „Warum laufen Sie denn bei diesem Wetter mitten in der Nacht auf der Straße herum?“, brachte ich endlich heraus. Der Mann konnte sich jetzt ein Lachen nicht mehr verkneifen. „Ich gehe immer so spät joggen, weil ich tagsüber keine Zeit habe.“ „Was, Sie joggen nur?“ stammelte Pia. „Ja, wie ihr seht bei jedem Wetter. Aber ihr beide seid auch recht schnell unterwegs, hätte euch fast nicht mehr eingeholt. Wahrscheinlich lauft ihr auch sehr viel, oder?“ „Ich nicht.“ „Und ich auch nicht“, antworteten wir. „Wir beide sind sogar ziemlich faul und joggen nur, wenn wir verfolgt werden.“ Jetzt mussten wir alle lachen und verabschiedeten uns. „Was hätte ich nur ohne dich gemacht, alleine wäre ich vor Angst fast gestorben“, sagte ich jetzt erleichtert zu Pia. „Und ich erst“, entgegnete Pia, „es geht doch nichts über gute Freunde, die alles gemeinsam durchstehen und füreinander da sind“. Plötzlich lag ein Knistern in der Luft. Ich schaute tief in ihre Augen und wusste, dass es auf einmal mehr als nur Freundschaft war…