„Die Bauerntochter und das Wichtelchen“

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Anna, 12 Jahre, Wien

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Vor langer Zeit lebte einmal ein armer Bauer, der zwei Töchter hatte. Leider konnte er seine Familie nicht ausreichend ernähren und so musste eine der Beiden jeden Tag im Wald Beeren und essbare Wurzeln suchen. Zu ihrem Unglück war es die Jüngere. Ihr Name war Primel, denn sie wurde nach der Lieblingsblume ihrer verstorbenen Mutter benannt. Seine zweite war hässlich und faul. Nichts war ihr gut genug, doch selber etwas tun wollte sie auch nicht. Der Vater war wie geblendet von ihrem Aussehen. Immer wenn er ihr in die Augen sah, dachte er, er sah in die seiner Frau. Er nannte sie Rose, da er der Meinung war, dass nichts schöner als eine Rose sei und der Name daher perfekt zu ihr passen würde. So war es, dass Primel, die liebste Tochter seiner toten Frau, von ihrem Vater vernachlässigt wurde. Er lobte sie weder für ihre Mühen noch beachtete er sie. Deshalb war sie oft sehr traurig.

Eines Morgens, als Primel weinend in ihrem Zimmerchen saß, hörte sie wie jemand eintrat. Aus Angst es könnte ihre Schwester sein, verstummte sie schlagartig. Doch als sie sich umblickte, stand da ein kleines Wesen mit riesigen Augen und spitzen Ohren. Es war mit nichts als einem braunen Stoffstück bekleidet. Das Aussehen des Wichtelchens ähnelte sehr stark dem einer Fledermaus, daher erschrak Prime fürchterlich, weswegen sie mit einem Ruck auf dem Rücken lag. Aus Angst war sie nach hinten gefallen. „Erschreck dich nicht, meine Liebe! Ich kann dir helfen.“, sprach das Männchen freundlich zu ihr. Das junge Mädchen war verwirrt. Wie konnte ein Wesen, das sie noch nie zuvor gesehen hatte, helfen wollen? Doch als sie gerade fragen wollte was es damit auf sich hatte, war das fledermausartige Wesen auch schon wieder verschwunden. Sie machte sich nicht allzu viele Gedanken darüber und ging wie jeden Morgen in den Wald. Nach einiger Zeit hatte sie schon einen ganzen Korb voll Beeren und Wurzeln gesammelt. Die Jüngste machte sich wieder auf den Weg zurück, als sie das winzige Männlein von  wieder sah. Die Schöne wollte mit ihm sprechen, doch es hüpfte davon. Also folgte die Bauerntochter ihm.

Als es endlich stehen blieb, gelangte Primel an einen See, den sie noch nie gesehen hatte. „Ich werde dir drei Aufgaben stellen“, quiekte es hinter einem kleinen Busch hervor „und wenn du sie bestehst, wartet eine Belohnung auf dich.“ Der Zwergenartige wartete die Antwort erst gar nicht ab und sprach direkt weiter: „Erstens muss du die rosafarbene Perle vom Grund dieses Sees holen.“ Mit einer Handbewegung wies er auf den See, an dem sie gerade standen. „Zweitens sollst du mir ein Büschel Haare von einem Braunbären bringen. Und drittens möchte ich, dass du eine gute Tat vollbringst.“ Nach diesen Worten war er auch schon wieder verschwunden. Die Erste Aufgabe war die Aufgabe mit der Perle. Doch wie sollte sie diese erfüllen? Plötzlich kam dem schönen Mädchen eine Idee. Sie sprach mit klarer Stimme und ohne dass sie groß darüber nachdachte: „Meine liebe Schmerle, bring mir doch bitte die Perle!“ Schon einige Sekunden nachdem sie den Satz ausgesprochen hatte kam auch schon einer der kleinen Fische aus dem Wasser zu ihr an die Oberfläche geschwommen. Seine Streifen schimmerten im Licht der untergehenden Sonne und in seinem kleinen Mund hatte er eine rosa Perle. Sich ihrem Glück noch nicht bewusst, nahm das Mädchen sie entgegen. „Hallo!“, flüsterte der Wasserbewohner ihr zu. Vor Schreck erstarrte sie und sah sich um. Woher kam die Stimme bloß? „Ich bin hier unten. Im See!“ Verwundert blickte die Bauerntochter hinab. Konnte das sein? Sprach dieser Fisch gerade mit ihr? Sie fasste sich ein Herz und antwortete: „Äm… Hallo.“ „Ich habe dem Gespräch gelauscht und habe eine Idee, wie du die Haare eines Bären bekommen könntest!“ Sie konnte fast nicht glauben, was sie da hörte. Dieser kleine Fisch hatte tatsächlich eine Idee? „Es wäre sehr nett, wenn du mir helfen könntest“, antwortete sie hoffnungsvoll „aber wie soll das denn gehen?“ Wie aus dem nichts erschien ein Zauberstab. „Er erfüllt dir nur einen Wunsch also wähle sorgfältig.“ Damit verschwand der Süßwasserfisch. Das Mädchen stand auf und dachte einige Minuten nach, bis ihr ein Geistesblitz kam: sie könnte sich Honig wünschen und damit einen Bären anlocken. Wenn er sich voll gefressen hätte, könnte sie ihm Haare ausreißen. Kaum hatte sie daran gedacht, erschien aus dem Nichts ein riesiger Berg Honig. Schnell legte Primel sich auf die Lauer und wartete. Es dauerte nicht lange, da kam auch schon ein Braunbär. Innerhalb weniger Minuten hatte er alles aufgefressen und legte sich zum Schlafen hin. Das junge Mädchen raste hin und riss ihm ein paar Haare aus. Blitzschnell rannte sie davon und hörte von weitem das Brüllen des wütenden Bären. Sie verstaute alles in ihrem Korb und verfiel wieder in ein normales Tempo. „Hey!! Aus dem Weg!“ schrie jemand. Als Primel sich umdrehte, sah sie einen hübschen Jüngling auf einem weißen Pferd reiten, das allen Anschein nach außer Kontrolle war. Selbstlos, wie sie war, stellte sie ihren Korb ab und sprang mutig vor das Pferd. Kurz vor einem Zusammenstoß blieb es stehen.

Der attraktive Reiter griff sofort nach den Zügeln. Um sich zu bedanken stieg er von seinem Ross. Als er seiner Retterin in die strahlend blauen Augen blickte, verliebte er sich sofort in sie. Erst da merkte sie, dass es Prinz Holder war und verbeugte sich aus Schuldgefühlen. Sie war wie betäubt als er ihre Hand nahm und sie anlächelte. „Danke!“, flüsterte der Königssohn ihr ins Ohr und gab ihr einen Kuss auf die Wange. Nun verstand sie es: Die Belohnung des Wichtels war Liebe!

Als die Primels Familie erfuhr, dass sie nun zur Prinzessin werden sollte, wollten sie sich bei ihr entschuldigen, doch das kluge Mädchen durchschaute sie. Die Königsfamilie wusste natürlich über ihre Vergangenheit Bescheid und ließ die beiden sofort in den Kerker werfen. Kurz darauf heirateten die Beiden und lebten von nun an glücklich. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie bis heute.