Märchenhaftes im Theater: Grimm!

©Neuköllner Oper

Grimm! Kaum hatten wir dieses Plakat in Berlin entdeckt, was klar: dieses Stück ist wie für das Märchenland gemacht. Und das Warten hat sich mehr als gelohnt: Die wirklich wahre Geschichte von Rotkäppchen und ihrem Wolf (von Zaufke&Lund) aufgeführt im Rahmen des Sommerfestivals 2017 im Admiralspalast, ist ein altes Märchen im modernen Gewand, das dem Zuschauer so manche wertvolle Alltags-Weisheit mit auf den Weg gibt.

Die Geschichte ist soweit bekannt – und doch steckt mehr in dem Märchen, als man zu wissen glaubt: Da gibt es ein (manchmal vorlautes) Rotkäppchen, die gerne frei von Vorurteilen den ach so gefährlichen Wald und seine wilden Bewohner kennen lernen will, und auf der anderen Seite die tierischen Dorfbewohner, die ihren Menschen schützen wollen. Aber wer ist hier wirklich böse? Wirklich der Wolf – eher ein Herzen brechender Rockstar  als ein Menschenfresser – kein Wunder, dass das brave Rotkäppchen (und auch schließlich das Schweinchen Didi) sofort hin und weg ist!  – oder doch die „ordentlichen“, braven Tiere, die von Angst und Vorurteilen getrieben jeden Kontakt zur Wildnis meiden und verbieten ?

In dem einfachen, aber raffinierten Bühnenbild, das genug Raum für Fantasie lässt, begegnet der Zuschauer einfallsreichen Figuren (und wunderbaren Sängern, Tänzern und Musikern), die mutig gegen Vorurteile vorgehen – und denen, die den anderen erst gar nicht kennen lernen wollen:

Die 3 kleinen Schweinchen, darunter die sensible Dicklinde, die sich Hals über Kopf in eine selbstbewusste Wildsau verliebt und schließlich mit ihr durchbrennt und so ihr Happy End selbst herbeiführt, und das machthungrige, intrigante Schweinchen-Schlau, das sich gegen den alten Hofhund durchsetzen und sich durch das Schüren alter Vorurteile zum neuen Bürgermeister putschen will, und das (so eindrucksvoll gespielte) Schweinchen Didi, das lernt, sich durchzusetzen und schließlich auch zu seinen Gefühlen steht. Nicht zu vergessen Frau Geiß, charmant und verführerisch, und allein erziehende Mutter von 6 (nicht sieben) kleinen Geißlein – und der pubertierende Sohn des lieben Hofhunds, der erst noch seinen Platz in Dorf und Wald finden muss.

Leicht wird es einem nicht gemacht, einen Lieblingssong zu finden – dennoch berührte uns das Wolfssolo „Grimm!“ ganz besonders.

Hut ab für die zauberhaften Schauspieler und natürlich auch die Live-Band – wir durften eine wirklich gelungene, hinreißende (leider letzte) Veranstaltung erleben.

Ein Satz ganz am Ende, der uns wohl lange im Kopf bleibt (und den man sich am besten an den Kühlschrank, den Computerbildschirm oder in den Kalender kleben sollte): „In jeder Realität sollte ein Funke Märchen stecken.“