Märchenfiguren aus dem Daetz-Centrum 7: Wie der Rabe das Licht in die Welt brachte

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Endlich scheint der Frühling wirklich angekommen zu sein! Abends ist es schon viel länger hell, die Stimmung der Menschen hebt sich deutlich – auch wenn noch der ein oder andere Regentag dabei sein mag… Gerne möchten wir euch daher eine märchenhafte Figur aus dem Daetz-Centrum zeigen, die von der Herkunft der Sonne berichtet:

Das Foto zeigt eine Auftragsarbeit des Künstlers Aubrey La Fortune aus Kanada (2001). Mit ca. 4 Metern Höhe ist es mit das größte Ausstellungsstück in Lichtenstein. Totems stellen bei den Indianern Familienwappen dar. Die Totems im Daetz-Centrum, die vom Stifter in Auftrag gegeben wurden, erzählen alte überlieferte indianische, märchenhafte Geschichten. Oft wurden auch große Taten oder besondere Ereignisse auf diesen Totems dargestellt. Wenn ein Totem aufgestellt wurde, feierte der Clan ein großes Fest, das Potlatch genannt wird. Diese uralte Zeremonie wurde 1884 von der kanadischen Regierung verboten. Erst 1951 wurde dieses Verbot wieder aufgehoben und das Potlatch-Fest kann wieder gefeiert, Totempfähle errichtet und Masken geschnitzt werden. Aus der Überlieferung war es möglich, diese indianischen Feste und ihre Kunst wieder neu zu beleben und zur neuen Blüte zu bringen. Der Totemphal auf dem heutigen Bild erzählt die Geschichte „Wie der Rabe das Licht in die Welt brachte“. Dieser Mythos stammt in dieser Form vom Volk der Haida in Westkanada.

 

Relief: Wie der Rabe das Licht in die Welt brachte

Zu der Zeit, als die ersten Menschen lebten, war die Welt ohne Licht, ohne Sonne und ohne Mond. Der weiße Rabe hörte Gerüchte, dass ein großer Häuptling einen versteckten Schatz in einer verborgenen Truhe aufbewahrte.
Der Rabe wartete mehrere Tage, um einen Weg in das Langhaus des Häuptlings zu finden und sah dabei die Tochter des Häuptlings, wie sie jeden Tag das Haus verließ und zum Bach ging um zu trinken. Der Rabe verwandelte sich in eine Kiefernnadel, die in dem Bach abwärts floss und in ihre Schale glitt.
Die Tochter des großen Häuptlings wurde schwanger und brachte bald einen Jungen zur Welt, der der Liebling seines Großvaters wurde. Der Junge, der eigentlich der Rabe war, wusste das und bat den Häuptling, in die große Truhe zu schauen. Der Häuptling hob den Deckel der Kiste und enthüllte einen großen Lichtball (die Sonne).
Der Junge verwandelte sich sofort zurück in den Raben, packte den Lichtball unter seinen Flügel und wollte vor die Tür.
Der Häuptling blockierte schnell den Ausgang. Der Rabe stoppte und sah, dass der einzige Weg hinaus durch den Rauchfang führte. Als er nun durch das Loch flog, wurde sein Gefieder durch den Ruß schwarz. Diese Farbe färbte das Gefieder für immer.
Aber der große Lichtball erwies sich als zu schwer und der Rabe war gezwungen, zur Erde zurückzukehren und auszuruhen. Der Häuptling begann, den Raben zu jagen. Der Rabe wusste, dass der Lichtball zu schwer war, um mit ihm weg zu fliegen und entschied, wenn er ihn nicht behalten könnte, sollte ihn auch sonst niemand haben. Er schleuderte die Kugel in den Himmel!
Dort blieb sie als leuchtender Ball und erhellte die Welt. Wir kennen diese Kugel als unsere große Lichtquelle – die Sonne.