„Im Namen des mächtigsten Gefühls“

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Kim, 14 Jahre, aus Salach

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«Aber ich habe keine außergewöhnlichen Fähigkeiten und Kräfte», entfuhr es Harry unwillkürlich.

«Doch, die hast du», sagte Dumbledore bestimmt. «Du hast eine Macht, die Voldemort nie besaß. Du kannst -»

 «Ich weiß!», sagte Harry ungeduldig. «Ich kann lieben!»

Seufzend ließ ich das Buch sinken und betrachtete den Regen, der dumpf an die Scheiben klopfte. Ich hatte Harry Potter nun schon zum fünften Mal verschlungen, es ist als würde mich etwas hineinsaugen in diese Welt der Magie. Aber vielleicht war es etwas anderes als diese unrealen Geschehnisse und das zauberhafte Leben. Vielleicht war es auch der Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen Liebe und Hass. Schon immer hatte mich dieses Gefühl beeindruckt und fasziniert. Ein Gefühl, das so verschieden ist und doch so stark und unüberwindbar – die Liebe. Ich kann es nicht genau beschreiben und doch ist es wie eine helle Flamme oder ein lichtdurchfluteter Raum. So viele Menschen schreiben über Liebe und ihre Kraft und glauben daran. Nicht nur Dumbledore, sondern auch Dichter und in erster Linie jeder Mensch selbst. Es gibt so viele verschiedene Arten von Liebe, dass sie jeden berühren muss. Liebe zeichnet sich ab in Freundschaft, aber es gibt ebenso Liebe zum Erfolg, Geld, überirdischen Wesen… Jedoch ist sie für jeden etwas anderes, etwas das alle anderen Gefühle überdecken kann und einen mit ihrer Kraft und Wärme erhellt und erwärmt. Nur noch schemenhaft erinnere ich mich an jenen Tag, an dem es mir vorkam, als würde ich niemals mehr lieben können. Ich war in die Schule gekommen und wollte gerade zu meinen Freundinnen laufen, um sie zu begrüßen, als ich Marc, meinen Freund, mit einem anderen Mädchen im Gang knutschen sah. Das Gefühl kann ich kaum beschreiben, doch es war als hätte jemand die Kerze in meinem Inneren mit Wasser übergossen. Wie hatte er das tun können? So oft waren wir gemeinsam hinausgegangen nur um uns in der Nacht im Mondschein zu baden und die Nähe des anderen zu genießen. Wie wir oft noch lange da gesessen hatten, manchmal bis das Morgenrot den Himmel wieder in glänzende Farben tauchte. Hatte er all dies vergessen? Die Geborgenheit, die Fröhlichkeit und die Melancholie, die Vertrautheit und das Gefühl allumfassenden Glücks? Nun konnte ich meine Tränen nicht mehr zurückhalten und schluchzte haltlos. Und zum wiederholten Male musste ich mir die Frage stellen: War die Liebe wie das Glück nur ein Gefühl? Wie ein Gebirgsbach im Frühling, wenn der Schnee taut und die Wassermassen hinabrauschen? Einen mitreißen in dem überwältigenden Gefühl der Wärme und Zuversicht? Das Gurgeln und Rauschen im Sommer, wenn diese einem Erfrischung bringen? Der Herbst, wenn es kälter wird und dunkles Laub mitgetragen wird? Der Winter, in dem der Bach zufriert und alles in hellem Eisblau erstarrt? Die Wassermassen, gefangen und gezähmt, abgekühlt und auf den nächsten Frühling wartend? Wenn das so war, so musste man nur geduldig in den Himmel sehen, um eine Taube mit einem knospenden Zweig zu entdecken, denn nach dem Winter kam seit jeher der Frühling. Nur noch sanft rinnen die Tropfen an der Scheibe hinunter. Draußen klart es langsam wieder auf und ich schiebe das Buch von meinem Schoß, um aufzustehen. Mit Elan ziehe ich mir eine Jacke über und renne hinaus in den Regen, hinaus in den kommenden Sonnenschein.